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Unglaublich lecker, überraschend vegan!
Reportage

Ein Roggen-Whisky ohne Roggen

Unser Travel-Redakteur Olaf auf den Spuren kanadischen Roggen-Whisky. In einem Land wo man Roggen-Whisky noch ohne Roggen herstellen kann.

Olaf
Olaf, Redaktion

Ich bin in Kanada. In der Provinz Alberta. Alberta ist sozusagen die Kornkammer des Landes und bekannt für den Anbau von Gerste, Hafer, Weizen und Roggen. Die Gegend ist eher ländlich und von echter Cowboy-Romantik umgeben. Hier gibt‘s noch echte Kerle, die auf Pferden durch die Prärie reiten und die Weideflächen in Schuss halten. Das klingt für mich nach Freiheit, Unabhängigkeit und vor allem in meinem kulinarischen Kopf nach viel Whisky.

In sämtlichen Western, die ich als Kind und als Jugendlicher zu sehen bekam war dieses Getränk Symbol für pure Männlichkeit. Dreitagebart tragende Halunken, die durch die Flügeltür eines Saloons treten, um sich mit einem Whisky den Staub aus der Kehle zu spülen. Ex und Hopp und ungefragt wird vom Barkeeper der zweite Schluck ins Glas gefüllt.

Mich hat das so angefixt, dass ich sobald sich erster Flaum in meinem Gesicht bemerkbar machte, mein erstes Glas Whisky bestellte. Okay, ich hatte keinen 2 Tagesmarsch auf dem Pferd hinter mir und mein Whisky hatte Eiswürfel im Glas, doch als ich den ersten sehr großzügigen Schluck nahm, wurde mir eine große Illusion genommen. Das Zeug war wahnsinnig intensiv, zu scharf und stieg mir sofort in den Kopf, was dazu führte, dass ich Whisky für sehr lange Zeit aus dem Repertoire meiner persönlichen Alkohol-Bestenliste strich.

Mittlerweile, also gute 30 Jahre später stehe ich ziemlich auf Whisky in all seinen Formen. Zwar immer noch ohne Pferd, aber zumindest ist aus dem Flaum etwas geworden was zumindest den Anschein an Verwegenheit vorgaukelt und das Eis lasse ich mittlerweile weg. Stört nur!

Ich stehe also mitten in Kanada und wenn ich an Kanada denke, dann denke ich nicht zuerst an Ahornsirup, sondern an Canadian Rye Whisky. Jenes Getränk, welches die ersten schottischen und irischen Neuankömmlinge in riesigen Fässern über den großen Teich mitbrachten. Geil, dass die Schotten und Iren als erstes ihren Alkohol mitnehmen um ein neues Land zu besiedeln.

Der große Unterschied damals war allerdings, dass schottischer, oder irischer Whisky ausschließlich aus destillierter Gerste bestand. Das ist übrigens auch heute noch so. Gerste wird zu Malz, der Malz wir mit Hefe zu einer Art Bier gebraut und das Bier destilliert. Dieser Kornbrand, was anderes ist es schließlich nicht, wird dann in ausgebrannten Fässern gelagert, wo er seinen typischen Geschmack entwickelt.

Da die Neuankömmlinge mit Erschrecken feststellen mussten, dass sich ihre neue Heimat so gar nicht für den Anbau von Gerste eignete, musste man auf Roggen ausweichen. Das war zwar keine Neuerfindung, denn im 18. Jahrhundert kannte man Roggenwhisky auch schon in Nordamerika und sogar in Deutschland wurde zu dieser Zeit schon Roggenbrand in Fässern gelagert.

Ich stehe also immer noch mitten in Kanada, denke immer noch an Roggen Whisky und während ich so in Kanada stehe, neben mir einen Whisky-Destiller, Cowboys, Pferde und ein zu erntendes Feld mit Getreide und ich gerade dabei bin dem kanadischen Roggen Whisky näher zu kommen als jemals zu vor, gerade in diesem Moment falle ich in den Ernte-Wagen und liege in einem Getreidemix aus Hafer und Gerste. Kein Roggen!

„Aber wo ist denn nun der Roggen?“ frage ich David Farran, Besitzer der Eau Claire Destille in Turner Valley. „Wir bauen gar keinen Roggen an“, und wirft eine Forke voll mit Gerste in die Dresch-Maschine. „Wir in Kanada dürfen Roggen-Whisky machen ohne Roggen zu benutzen und das ist laut Gesetz auch völlig in Ordnung und legal.“

Und damit hat David vollkommen recht. Wo in den USA laut Gesetz mindestens 51% Roggen Anteil genutzt werden muss, um die Bezeichnung „Rye Whisky“ zu nutzen, kommt man in Kanada ohne Roggen aus. Das kommt daher, das zwar damals so ziemlich jeder „Canadian Whisky“ mit Roggen destilliert wurde, jedoch später auf die günstigere Gerste und vor allem Mais zurückgegriffen wurde. Die Kennzeichnung blieb, und so sind „Canadian Whisky“ und „Rye Whisky“ in Kanada also dasselbe.

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